WILLIAM LAWES Consort Sets in Five & Six Parts

Hespèrion XXI, Jordi Savall

21,99


Reference: AV9823

  • Hespèrion XXI
  • Jordi Savall

“Auch war des Königs Seele nicht in so tiefe Trauer über den Tod eines nahen Verwandten und adligen Herrn verstrickt, dass er, als er vom Tod seines teuren Dieners William Lawes erfuhr, nicht besonders getrauert hätte um das Hinscheiden dessen, den er zu Lebzeiten geliebt und gemeinhin den Vater der Musik genannt hatte.”
Aus: History of the Worthies of England, Thomas Fuller (1662)


Am 24. September 1645 beraubte der frühe Tod von William Lawes, der mit 43 Jahren während der Belagerung von Chester starb, England einer musikalischen Persönlichkeit, die zu den schöpferisch aufgeschlossensten und faszinierendsten der damaligen Zeit gehörte. Als Huldigung an diesen brillanten Komponisten, den allzu lange vergessenen “Vater der Musik”, haben wir beschlossen, den 400. Jahrestag seiner Geburt mit der vollständigen Einspielung aller zehn Consort Sets zu fünf und sechs Stimmen.

Die Zusammenstellung aus Fantasien, In-Nomine-Vertonungen, Arien und Tanzsuiten ist in der strengen Tradition der Gamben-Sets gehalten (mit fünf fünfstimmigen Sets für fünf Gamben und Orgel und fünf sechsstimmigen Sets, die hier von zwei Violinen, vier Gamben und Orgel gespielt werden) und enthält zweifellos die wahre Essenz von Lawes’ hintergründiger, leidenschaftlicher und innovativer Kunst in ihrer reinsten und deutlichst erkennbaren Form: Erfindungsgabe und überragendes handwerkliches Können, Kühnheit und Disziplin, Sensibilität und Virtuosität, Poesie und Leidenschaft, Vergeistigung und Sinnlichkeit werden mit unfehlbarem Geschick kombiniert und mittels kühner und eingehender Beherrschung des Ausdruckspotentials aller Aspekte der Melodik, des Kontrapunkts und der Harmonik äußerst frei herausgearbeitet. William Lawes erweist sich als kompromisslos in seiner Aneignung eines musikalischen Diskurses, der uns heute noch mit der Intensität seiner Ausdruckskraft und seiner unbedingten Modernität überrascht.

Über dreißig Jahre Theorie und Praxis mit dem Gambisten-Team von Hespèrion XX und XXI (in Forschungsprojekten, Lehrtätigkeit, Konzertdarbietungen und Aufnahmen) im Repertoire für Gambenconsort, von seinen Anfängen bis hin zu den letzten Fantasien von Henry Purcell, insbesondere aber unsere Einspielungen der Musik exemplarischer Komponisten dieses Genres wie Christopher Tye, William Byrd, Anthony Holborne, John Dowland, William Brade, Orlando Gibbons, John Coprario, Alfonso Ferrabosco, John Jenkins, Matthew Locke und der große Henry Purcell, von den wunderbaren Komponisten aus der Zeit Elisabeths I. und Jakobs I. ganz zu schweigen, haben uns veranlasst, an die Interpretation der Musik von William Lawes mit großem Respekt und voller Faszination heranzugehen. Vor allem waren wir uns dabei der Tatsache bewusst, dass die große Kühnheit und Experimentierfreude des Komponisten, die sich in so vielen Beispielen extrem wagemutigen Umgangs mit instrumentaler Polyphonie und im einzigartigen, überaus individuellen Charakter seiner Kompositionsweise niederschlägt, immer durch eine profunde innere Logik im Dienste der essentiellen musikalischen Bedeutung und Ausdruckstiefe angetrieben wird.

Wie Dowlands Lachrimae, Purcells Fantasias, Bachs Kunst der Fuge, Haydns Sieben Worte des Erlösers am Kreuz und die fünf letzten Streichquartette von Beethoven haben es die Consort Sets von William Lawes verdient, nicht nur als einige der originellsten Meisterwerke der Kammermusik aller Zeiten, sondern auch und vor allem wegen ihrer außerordentlichen Schönheit, Poesie und Leidenschaft bekannt zu sein. Diese Eigenschaften kommen im ausgewogenen Wechselspiel flüchtiger Töne, Melodien und Harmonien zum Ausdruck und bieten wertvolle Einblicke in einen außerordentlichen Geist, eine einfühlsame und hintergründige Stimme. Wir haben gerade erst angefangen, diesen Geist und diese Stimme kennen zu lernen, doch sie werden im faszinierenden Prozess der Wiederentdeckung einer bedeutenden musikalischen Vergangenheit zunehmend unabdingbar werden.

JORDI SAVALL
Wien, den 30. April 2002

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