RAMON LLULL Temps de conquestes, de diàleg i desconhort

Hespèrion XXI, Jordi Savall, La Capella Reial de Catalunya

32,99


Ramon Llull wurde gegen 1232 auf Mallorca geboren, drei Jahre nach der christlichen Eroberung der Insel (1229), was ihm ermöglichte, die Kultur des Islams ganz aus der Nähe kennenzulernen. Erst mit dreißig Jahren gab er sein höfisches Leben auf und begann das Studium der Theologie und Philosophie. Wenig später kaufte er einen maurischen Sklaven, mit dessen Hilfe er die arabische Sprache lernte. Die Nähe zur Welt des Islams verschaffte ihm einen außergewöhnlichen Einblick in dessen Religion und Kultur, eine Kenntnis, die ihn von allen europäischen Gelehrten seiner Zeit unterschied. Als unermüdlicher Reisender besuchte er die bedeutendsten christlichen Königshöfe, um dort Unterstützung für seine Projekte zu finden. Er verband dies mit einer intensiven Missionarstätigkeit, um die ungläubigen Juden und vor allem die Muslims zum christlichen Glauben zu bekehren. All dies hinderte ihn nicht daran, mehr als 260 Werke auf Katalanisch, Arabisch und Latein zu verfassen, die zu seiner Zeit eine große Verbreitung fanden. Seine neuartigen Ideen übten einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung des universalen Denkens aus. In seiner Ars generalis ultima entwarf er eine Methode, die dem religiösen Disput als Grundlage dienen sollte, die aber zugleich auf wissenschaftliche Gegenstände und Beweise Anwendung fand. Nach verschiedenen Missionsreisen in Nordafrika starb Ramon Llull im Alter von 84 Jahren auf der Rückfahrt von einem seiner letzten Versuche, mit Gelehrten in Tunis Religionsfragen zu diskutieren. Er war dort gesteinigt und ins Gefängnis geworfen worden.


Der Musiker betrachtet die Stimmen unter dem Aspekt, ob sie hoch, tief oder mitteltief sind, lang oder kurz, voll oder fein und proportioniert zu den Akzenten der Vokale und Konsonanten, so dass er die Stimmen und Melodien der Instrumente so schmücken kann, dass sie dem Ohr angenehm sind und die Herzen der Menschen erfreuen.
Ramon Llull, Baum der Wissenschaft

Ramon Llull wurde gegen 1232 auf Mallorca geboren, drei Jahre nach der christlichen Eroberung der Insel (1229), was ihm ermöglichte, die Kultur des Islams ganz aus der Nähe kennenzulernen. Erst mit dreißig Jahren gab er sein höfisches Leben auf und begann das Studium der Theologie und Philosophie. Wenig später kaufte er einen maurischen Sklaven, mit dessen Hilfe er die arabische Sprache lernte. Die Nähe zur Welt des Islams verschaffte ihm einen außergewöhnlichen Einblick in dessen Religion und Kultur, eine Kenntnis, die ihn von allen europäischen Gelehrten seiner Zeit unterschied. Als unermüdlicher Reisender besuchte er die bedeutendsten christlichen Königshöfe, um dort Unterstützung für seine Projekte zu finden. Er verband dies mit einer intensiven Missionarstätigkeit, um die ungläubigen Juden und vor allem die Muslims zum christlichen Glauben zu bekehren. All dies hinderte ihn nicht daran, mehr als 260 Werke auf Katalanisch, Arabisch und Latein zu verfassen, die zu seiner Zeit eine große Verbreitung fanden. Seine neuartigen Ideen übten einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung des universalen Denkens aus. In seiner Ars generalis ultima entwarf er eine Methode, die dem religiösen Disput als Grundlage dienen sollte, die aber zugleich auf wissenschaftliche Gegenstände und Beweise Anwendung fand. Nach verschiedenen Missionsreisen in Nordafrika starb Ramon Llull im Alter von 84 Jahren auf der Rückfahrt von einem seiner letzten Versuche, mit Gelehrten in Tunis Religionsfragen zu diskutieren. Er war dort gesteinigt und ins Gefängnis geworfen worden.

Mehr als 700 Jahre trennen uns von der Epoche Ramon Llulls, aber sein Werk interessierte so bedeutende Denker wie Giordano Bruno oder Leibniz und noch heute ist es eine Quelle der Inspiration und der Schönheit, was Llull zu einem der herausragendsten Schriftsteller und Dichter des mittelalterlichen Kataloniens macht. Sein Leben verlief in einer Epoche großen kulturellen Glanzes, wesentlich bestimmt von der nicht immer friedlichen Koexistenz der drei religiösen Kulturen seiner Zeit: der christlichen, der muslimischen und der jüdischen. Als berühmter, fruchtbarer Autor stellt er die Universalität dieser Periode unter Beweis. Sein schriftstellerisches Werk hat über die Grenzen hinaus gewirkt und seine neue Sprache zu einem Werkzeug bei der Suche nach Wahrheit und Einvernehmen zwischen den Kulturen und Religionen gemacht. Das mittelalterliche Katalonien, in dem Ramon Llull lebte, ist zweifellos weit entfernt und verschieden von der Gegenwart, doch die vorgetragenen Musikstücke und Texte, die uns auf unserer Reise begleiten, werden es uns dank ihrer Emotion und Schönheit ermöglichen, die wichtigsten Momente von Llulls Lebens zu evozieren und die von den Menschen seiner Zeit empfundenen und gelebten Gefühle und Hoffnungen nachzuvollziehen.

Es ist nicht bekannt, dass Llull Musiker war. Doch er liebte zutiefst die Kunst des Gesangs und viele seiner Gedichte waren dazu bestimmt gesungen und von Instrumenten begleitet zu werden, wie der bekannte Musikologe Higini Anglès in seiner meisterhaften Studie La Música a Catalunya fins el segle XIII [Die Musik in Katalonien bis zum 13. Jahrhundert] bestätigt: „deshalb notierte er oft, auch wenn er keine neue Melodie für seine Gesänge verfasste, zu welcher Melodie eine bestimmte Dichtung gesungen werden sollte“. Tatsächlich waren viele Gedichte Ramon Llulls für eine gesangliche und musikalische Interpretation gedacht. Angeregt von diesem Gedanken haben wir die Musik des schönen Klagegesangs von Giraut de Bornelh, No puesc sofrir la dolor, dafür verwendet, die poetische Klage Llulls über sich selbst in Lo Desconhort [Die Trostlosigkeit] gesungen vorzutragen.

Mit diesem CD-Buch, das in Barcelona im Saló del Tinell beim Konzert anlässlich der feierlichen Eröffnung des Ramon Llull–Jahres aufgenommen wurde, rekonstruieren wir die Klänge, die Llulls Leben begleitet haben. Wir entdecken das muslimische Mallorca beim Anhören der Taksims (improvisierte Präludien), der maurischen Tänze, der Mawachah und der arabischen Klagen, die meisterlich von heutigen Musikern (aus Syrien, Marokko, der Türkei, Griechenland usw.) interpretiert werden. Sie sind zugleich echte Bewahrer und (Neu)schöpfer eines unantastbaren, uralten Erbes. Mit den mittelalterlichen Instrumenten des Ensembles Hespèrion XXI, den orientalischen Musikern und den Stimmen von La Capella Reial de Catalunya interpretieren wir Lieder, Sirventes, weltliche Klagen und Tänze von Troubadours, Trouvères und Spielleuten wie Raimon de Miraval, Pèire Cardenal, Bernat de Ventadorn und unbekannten Autoren, die an den Höfen von Jakob I., Peter III. von Aragón, Alfons III. von Aragón (der Liberale) und Jakob II. (der Gerechte) aufgetreten sind. Zu unserem Programm gehören auch die repräsentativsten Kompositionen der religiösen und spirituellen Musik der damaligen Zeit. Alle werden von den orientalischen Musikern arabischer oder jüdischer Herkunft begleitet und erinnern uns mit ihrer Emotion und Schönheit an die wichtigsten Momente im Leben Ramon Llulls, seine Reisen und die bedeutsamsten historischen Ereignisse seiner Zeit.

Dieses vielfältige Mosaik von Instrumentalmusik und Gesang wird ergänzt durch einige seiner zentralen Texte aus dem Buch der Betrachtung, dem Leben von Meister Ramon, dem erhabenen Buch vom Freund und dem Geliebten dem Baum der Philosophie der Liebe sowie durch einige Kommentare, wunderbar mit dem besonderen Klang und der Diktion der Originalsprache vorgetragen von Sílvia Bel und Jordi Boixaderas. Die Texte erklären uns wortreich und bestimmt das Leben Ramon Llulls, seine Überzeugung von der Notwendigkeit zu erziehen, zu erklären, zu argumentieren und vor allem, das Licht und die Wahrheit seines Glaubens den Anhängern anderer Religionen durch den Dialog und die auf dem Wissen und der Weisheit gegründeten und daraus Argumente schöpfenden Dialektik nahe zu bringen.

Llulls kritisches Denken, so inspiriert wie leidenschaftlich, richtet sich an die ganze Gesellschaft, besonders aber an alle gläubigen Christen, Juden und Muslims, immer getragen von einem großen Sinn für wechselseitiges Entgegenkommen und eine enorme persönliche Großzügigkeit. Sein Werk entwickelt eine große Bandbreite und Vielfalt von Gedanken und Vorschlägen, immer mit dem Ziel, das menschliche Wesen auf die höchsten Stufen der Menschlichkeit und der Spiritualität zu erheben. Mittel dazu sind die Schönheit, das Wissen, die Wortgewandtheit und der respektvolle Dialog.

Ganz besonders in der heutigen Situation sehen wir in Ramon Llull das Beispiel eines Mannes, der seine Zeit intensiv gelebt hat und seinen Ideen und Prinzipien bis in die letzte Konsequenz hinein treu geblieben ist. Er war davon überzeugt, dass Kunst und Wissen, Spiritualität und Dialog die wesentlichen Werkzeuge sind um die Welt zu verbessern und zu verändern. Denker, Dichter, Philosoph, Theologe, Redner und Missionar – alles, was er in seinem Leben getan und geschaffen hat, legt ein unerschöpfliches Zeugnis ab von einer Meisterschaft, die heute mehr denn je gültig und notwendig ist. Deshalb betrachten wir es als eine Aufgabe, seine Botschaft ins Gedächtnis zu rufen und lebendig zu erhalten, sein Werk zu studieren und mittels der Schönheit der Musik und der an den Denker erinnernden Texte in Katalonien und der ganzen Welt zu verbreiten. Auf diese Weise wird sein Geist uns weiterhin das Licht und die Weisheit vermitteln, auf die wir in einer orientierungslosen Welt so sehr angewiesen sind. Jeden Tag entfernen Gewalt, Fanatismus und Dummheit uns unerbittlich weiter von den Idealen, für die Meister Ramon gelebt hat: eine Zivilisation, die ihren Humanismus auf der Lehre und dem Dialog, der Spiritualität und der Schönheit gründet.

JORDI SAVALL
25. Februar 2016
Flug von Frankfurt a. M. nach San Francisco

Übersetzung: Claudia Kalász

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