J.S. BACH – MARKUS PASSION

Jordi Savall, La Capella Reial de Catalunya, Le Concert des Nations

21,99


AVSA9931 – J.S Bach Markus Passion

Seit langem wusste man von einer dritten Passion Johann Sebastian Bachs auf der Textgrundlage des Markusevangeliums. Zahlreiche in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durchgeführte Studien von Musikologen und spezialisierten Musikern haben erwiesen, dass Bach diese Passion am Karfreitag des Jahres 1731 aufgeführt und Picander das Libretto verfasst hat. Picander selbst veröffentlichte den Text ein Jahr später im dritten Band seiner Dichtungen. 2009 wurde die Existenz der Markus-Passion voll bestätigt, als man in St. Petersburg ein späteres Libretto fand, das einer Neuaufführung des Werks im Jahr 1744 als Grundlage gedient hatte. Im Vergleich zum 1732 verlegten Libretto weist es einige Veränderungen des Textes auf, Chöre und Arien wurden anders platziert und neue Arien waren hinzugekommen. Diese neue Fassung vermittelt einen klaren Eindruck von der Form und dem Inhalt der dritten Passion Bachs.


JOHANN SEBASTIAN BACH
(1685-1750)

Markus-Passion (BWV 247)
Libretto von Picander 1732. Letzte Fassung des Librettos 1744

Vollständig neu revidierte Fassung von Jordi Savall, gestützt auf die Forschung, Rekonstruktion und Adaptation für Chöre und Rezitative von Alexander Grychtolik

Seit langem wusste man von einer dritten Passion Johann Sebastian Bachs auf der Textgrundlage des Markusevangeliums. Zahlreiche in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durchgeführte Studien von Musikologen und spezialisierten Musikern haben erwiesen, dass Bach diese Passion am Karfreitag des Jahres 1731 aufgeführt und Picander das Libretto verfasst hat. Picander selbst veröffentlichte den Text ein Jahr später im dritten Band seiner Dichtungen. 2009 wurde die Existenz der Markus-Passion voll bestätigt, als man in St. Petersburg ein späteres Libretto fand, das einer Neuaufführung des Werks im Jahr 1744 als Grundlage gedient hatte. Im Vergleich zum 1732 verlegten Libretto weist es einige Veränderungen des Textes auf, Chöre und Arien wurden anders platziert und neue Arien waren hinzugekommen. Diese neue Fassung vermittelt einen klaren Eindruck von der Form und dem Inhalt der dritten Passion Bachs.

Bedauerlicherweise konnte aber bis zum heutigen Tag keine Spur der Originalmusik entdeckt werden; weder eine Handschrift noch eine Kopie der Partitur, noch ein Auszug für ein Instrument belegen, dass es die Komposition einmal gegeben hat. Dass ein so umfangreiches Werk einfach verschwunden sein soll, beunruhigt – um so mehr als es von einem so bedeutenden Komponisten wie Bach stammt. Heute allerdings gibt es eine überzeugende Erklärung für das beunruhigende Geheimnis: Nach langjährigen Forschungen sind die meisten Historiker und auf Bach spezialisierten Musikologen sich einig, dass Bach dieses Werk vermutlich mit der Technik des pasticcio oder der Parodie verfertigt hat. Auf dieses Verfahren hat Bach bei zahlreichen Gelegenheiten zurückgegriffen. Es erlaubt eine Neumontage von Werken mittels der Anpassung neuer Texte an bereits vorhandene Kompositionen, aus denen ein ähnlicher Geist spricht.

Die in den sechziger Jahren erfolgte Forschung von Dr. Alfred Dürr lässt mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass Bach den größten Teil der Chöre und Arien seiner „Trauerode“, BWV 198, entnommen hat, die am 17. Oktober 1726 in Leipzig bei der Trauerfeier für die Königin von Polen und sächsischen Kurfürstin Christiane Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth aufgeführt wurde; Laß, Fürstin, laß noch einen Strahl verwandelt sich wundervoll zu Geh, Jesu, geh zu deiner Pein.

Nach eingehendem Studium der wichtigsten bis heute realisierten Versionen haben wir beschlossen, eine Fassung zu präsentieren, die nur Anleihen aus Bachs Werk selbst verwendet, statt (wie andere Fassungen) Bachs Musik mit Chören (turbae) und Rezitativen aus der Markus-Passion seines Zeitgenossen und Mitarbeiters Reinhard Keiser (1674-1739) zu mischen oder die Chöre und Rezitative völlig neu zu komponieren.

Unsere Version folgt getreu dem Libretto von 1744, das die Kapitel 14 und 15 des Markusevangeliums von der Salbung in Betanien bis zur Grablegung kommentiert, wobei immer Bachs Musik im Vordergrund steht, deren Anordnung sich nach der Adaptation der letzten Textfassung Picanders an die Originalquellen aus Bachs Werk richtet. Die Musik wurde der Trauerode, der Matthäus-Passion, den verschiedenen Fassungen der Johannes-Passion sowie einigen Kantaten entlehnt:

– Drei Chöre und drei Arien aus der Trauerode, BWV 198/1 von 1727.

– Drei Arien aus der ersten Fassung von 1731 und zwei aus der 1744 aufgeführten zweiten Fassung unter Anpassung der Texte an die Musik der Arien anderer Kantaten (BWV 2/5*, 54/1*, 173/3*, 171/4*) und der zweiten Fassung der Johannes-Passion (BWV 245a/11*), um eine kleine Terz nach oben transponiert.

– 16 Choräle nach den Angaben in Picaneders Libretto: Sechs stammen aus der Sammlung von Chorälen, drei aus der Matthäus-Passion, drei aus der Johannes-Passion und vier weitere aus verschiedenen Kantaten.

– Für die elf verschiedenen Chöre (turbae) wird A. F. Grychtoliks Vorschlag übernommen, Texte des Markusevangeliums überwiegend den Chören anderer Passionen Bachs anzupassen.

– Erster Teil: 4 kleine Chöre aus der Matthäus-Passion BWV 244/4b/4d und 9b/9e**.

– Zweiter Teil: Von den 8 kleinen Chören im zweiten Teil wurden 3 der Johannes-Passion BWV 245/21b*/25b* entlehnt, 4 der Matthäus-Passion, und einer dem Weihnachtsoratorium BWV 248/45.

– Auch hinsichtlich der Rezitative wurde Grychtoliks Vorschlag übernommen, für die Texte der Markus-Passion meistens Musik aus der Matthäus-Passion zu wählen (mit Ausnahme der kurzen Rezitative Nr. 22, 23 und 45, die rekonstruiert wurden).

Wir hoffen, dass die Interpretation der auf diese Weise rekonstruierten faszinierenden Passion eine zutiefst ehrliche und wirklich authentische Annäherung an Bachs Genie erlaubt, auch wenn wir uns bewusst sind, dass das Geheimnis der verschollenen Musik bestehen bleibt und dass unsere Vorstellungskraft bei Weitem nicht heranreicht an das, was Bachs Genie hervorgebracht hätte.

JORDI SAVALL
Perth, 16. Februar 2018

Übersetzung: Klaudia Kalász

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