EL CANT DE LA SIBIL·LA. Catalunya

Jordi Savall, La Capella Reial de Catalunya, Montserrat Figueras

Alia Vox Heritage

15,99


Reference: AVSA9879

  • Montserrat Figueras
  • La Capella Reial de Catalunya
  • Jordi Savall

Das Sibyllenlied wurde Jahrhunderte lang traditionell von einer traumhaften Knabenstimme gesungen, da die Kirchenväter den Frauen das Singen an Kultstätten außer an Nonnenklöstern untersagten. Durch dieses Verbot ging die prophetische Präsenz der diese verkündenden weiblichen Figur verloren. Das patriarchalische Machtgefüge der Kirche entriss somit den Frauen die Möglichkeit, das Wort Gottes zu übermitteln. Dank diesem Jahrtausende alten Gesang lebt das Licht der delphischen, persischen, libyschen, cumaeischen, erythräischen, samischen, cumanischen, hellespontischen, phrygischen und tiburtinischen Sibylle nach wie vor in der weiblichen Stimme und Gestalt fort.


Im alten Griechenland war die Sibylle der Archetyp der weissagenden Priesterin. Als weise Frau und Übermittlerin göttlicher Offenbarungen war sie zugleich das Symbol der ursprünglichen Frau, die die meisten Eigenschaften der früheren Gottesmütter aus der Altsteinzeit und der Magna Mater des Morgenlandes und der klassichen Antike wie Isis, Ixtar, Demeter und Atargatis verkörperte.

Das Orakel der erythräischen Sibylle im 2. vorchristlichen Jahrhundert, das die Ankunft eines goldenen Zeitalters für die Menschen mit der Geburt eines Kindes, Sohn einer Jungfrau ankündigte, ermöglichte dem Christentum die Übernahme dieser Figur sowie die Wiederbelebung des Orakels der Sibylle, um die Botschaft der zweiten Ankunft des Messias zu verkünden. Die Tradition der Feier des Sibyllenlieds zu Weihnachten scheint ihren musikalischen Ursprung im 9. oder 10. Jahrhundert zu finden (Saint-Martial zu Limoges). Ihre apokalyptischen Wahrsagungen sind tragisch und scharfsinnig, doch die begleitende Musik harmonisch und magisch – der Beginn jeder Strophe mit einem Aufwärtsquint-Intervall führt uns in das meditative Zuhören einer kosmischen, heiligen Erzählung.

Das Sibyllenlied wurde Jahrhunderte lang traditionell von einer traumhaften Knabenstimme gesungen, da die Kirchenväter den Frauen das Singen an Kultstätten außer an Nonnenklöstern untersagten. Durch dieses Verbot ging die prophetische Präsenz der diese verkündenden weiblichen Figur verloren. Das patriarchalische Machtgefüge der Kirche entriss somit den Frauen die Möglichkeit, das Wort Gottes zu übermitteln. Dank diesem Jahrtausende alten Gesang lebt das Licht der delphischen, persischen, libyschen, cumaeischen, erythräischen, samischen, cumanischen, hellespontischen, phrygischen und tiburtinischen Sibylle nach wie vor in der weiblichen Stimme und Gestalt fort.

Zum Sinn für Weisheit und Mystik der Sibylle kommt noch ein weiterer hinzu, der heute höchst aktuell ist – der ökologische. Die haarsträubende Botschaft der Sibylle ist auf dramatische Weise gültig, da sie von der Zerstörung der Welt, der Respektlosigkeit gegenüber der von uns scheidenden Natur und der Brutalität spricht, die den Menschen zum Trugschluss geführt hat, die Natur sei eine Maschine. Der Schmerz und die Bedrohung für das Leben unserer Mutter Erde ist heute in der Stimme der Sibylle prophetischer denn je.

MONTSERRAT FIGUERAS
Übersetzung: Gilbert Bofill i Ball

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