CLAUDIO MONTEVERDI
Jordi Savall, La Capella Reial de Catalunya, Montserrat Figueras
Alia Vox Heritage
15,99€
Ausverkauft
Reference: AVSA9884
- Montserrat Figueras
- La Capella Reial de Catalunya
- Jordi Savall
Unter den acht Madrigalbüchern, die Monteverdi zwischen 1587 und l638 veröffentlicht hat, nimmt die letzte Sammlung einen ganz besonderen Platz ein. Diese Sammlung wurde gedruckt, als das normalerweise fünfstimmige Madrigal, welches wenigstens ein Jahrhundert lang die unbestrittene Vorherrschaft in Italien und auch nördlich der Alpen hatte, endgültig seine herausragende Position für leichtere Genre wie Duette und Kantaten aufgegeben hatte, und sie wirkt daher wie ein Abschiedsgruß an die Vergangenheit. Ihre innovative Phrasierung auf der Grundlage philosophischer Betrachtungen macht den Weg frei für eine gefühlsbetonte musikalische Sprache, welche für lange Zeit das musikalische Schaffen prägen sollte.
MADRIGALI GUERRIERI ET AMOROSI
Unter den acht Madrigalbüchern, die Monteverdi zwischen 1587 und l638 veröffentlicht hat, nimmt die letzte Sammlung einen ganz besonderen Platz ein. Diese Sammlung wurde gedruckt, als das normalerweise fünfstimmige Madrigal, welches wenigstens ein Jahrhundert lang die unbestrittene Vorherrschaft in Italien und auch nördlich der Alpen hatte, endgültig seine herausragende Position für leichtere Genre wie Duette und Kantaten aufgegeben hatte, und sie wirkt daher wie ein Abschiedsgruß an die Vergangenheit. Ihre innovative Phrasierung auf der Grundlage philosophischer Betrachtungen macht den Weg frei für eine gefühlsbetonte musikalische Sprache, welche für lange Zeit das musikalische Schaffen prägen sollte.
Sie zollt der Großartigkeit der italienischen Literatur einen letzten Tribut, während sie bereits durch ihre üppigen und imposanten Kompositionen den musikalischen Geschmack des kaiserlichen Hofes von Wien widerspiegelt.
Dieses achte Buch ist dem Kaiser gewidmet, auch wenn wir wegen seiner bewegten Entstehungsgeschichte immer noch nicht sicher wissen, welchem Kaiser. Monteverdi hatte zunächst die Absicht, seine Madrigalsammlung Kaiser Ferdinand II. zu widmen, dem Anführer der Katholischen Liga während des Dreißigjährigen Kriegs. Der Monarch starb 1637 starb, als die Arbeit noch beim Drucker lag und ihm folgte sein Sohn als Ferdinand III. auf den Thron. Monteverdi änderte die vorherige Widmung ab und er legte, wie er es ihm Vorwort ausdrückt, „dem Sohn ein Geschenk zu Füßen, das ursprünglich für den Vater bestimmt war“.
Viele Kompositionen sind Ferdinand II. oder Ferdinand III. gewidmet. Dieses Vorgehen illustriert sowohl die musikalischen als auch die philosophischen Ansichten des Komponisten.
Monteverdi betitelte sein achtes Madrigalbuch Madrigali Guerrieri et Amorosi (Madrigale von Liebe und Krieg) und er schrieb außer der Widmung ein Vorwort, welches seine künstlerischen Ansichten erläuterte. Seiner Meinung nach sind Zorn, Zurückhaltung und Demut die wichtigsten Emotionen der menschlichen Seele, welche der Komponist durch ein mal heftiges, mal zurückhaltendes und mal fließendes Schreiben ausdrücken muss. Es gab bereits viele Ausdrucksmittel, welche darauf abzielten, Zurückhaltung und Demut zu imitieren. Nach einem ausführlichen Studium der antiken Philosophie und der klassischen Metriken erfand Monteverdi eine spezifische musikalische Sprache, das „genere concitato“, welche Zorn durch ein schnelles Hämmern derselben Note ausdrückt. Monteverdi legte den Rhythmus und die Tremolos dieses wiederholten Tons entsprechend den Pyrrhichios fest, wie sie von antiken griechischen bewaffneten Kriegern getanzt wurden. Er betrachtete diesen Inhalt als identisch mit dem „genere da guerra“, welches zur Illustration von Kriegsthemen bereits ausgiebig benutzt wurde.
Im ersten Madrigal der Sammlung, Altri canti d’amor, demonstriert er die unterschiedlichen Effekte, welche man durch das „genere concitato“ erhalten kann: Stimmen, Violinen und gleichmäßiges Continuo drücken durch die schnelle Wiederholung derselben Note den Ausbruch des „Marte Furioso“ (Zornigen Mars) in der Eröffnungsromanze aus. Sobald eine „Schlacht“ oder ein „Krieg“ im Text erwähnt werden, dominiert das „genere concitato“ die Komposition.
Der zweite, sehr anspruchsvolle Teil, wurde für sechs Sänger und sechs Streichinstrumente geschrieben, um den Tumult des Krieges zu imitieren und er stellt offensichtlich eine Hommage an Kaiser Ferdinand dar.
„Ferdinands Heldentaten“ sind der Mittelpunkt des „Ballo“, der den ersten Teil des achten Madrigalbuchs mit dem Titel Madrigali Guerrieri (Kriegsmadrigale) beendet. Die Hofballette erfreuten die Höflinge mit ihren anmutigen allegorischen Geschichten. Das Genre erschien zuerst am französischen Hof und der Librettist des Ballo, Ottavio Renucci, komponierte dieses Gedicht mehr als dreißig Jahre zuvor für den französischen König Henri IV.
Da Hommagen an Monarchen sich nicht auf konkrete und wahre Ereignisse beriefen, boten sie sich zur Transposition an.
So verwandeln sich die Nymphen der Seine in die Nymphen der Donau und führen auf Einladung des Dichters eine Reihe Tänze zu Ehren des Kaisers auf. Monteverdi benutzte das „genere concitato“ auch für weniger offensichtliche Zwecke als eine Hommage an einen Kriegsanführer. Im großartigen zweiteiligen Madrigal, das auf Grundlage des von Petrarca geschriebenen Sonetts „Hor che il ciel e la terra e’l vento tace“ komponiert wurde, illustrieren die Violinen die verzweifelte Atmosphäre – beschrieben als ein „Krieg voller Zorn und Schmerz“ – des lyrischen Themas, dessen inneres Fieber heftig mit der Ruhe der abendlichen Natur kontrastiert, die vorher so meisterlich beschrieben wurde. Monteverdi wollte in diesem Madrigal wahrscheinlich die drei Schritte der Emotion illustrieren – das „genere molle“ in den langsamen und weichen Wiederholungen des Anfangs, dem „genere concitato“ durch den Begriff „guerra“ (Krieg) und schließlich dem „genere temperato“ am Ende des zweiten Teils, wenn sich die Melodie beispielsweise auf dem Wort „lunge“ (weit) durch eine Deklamation entfaltet, die immer auf derselben Note beginnt.
In „Gira il nemico insidioso amore“, einem Werk in sechs Teilen für ein bis drei Stimmen, welches sich jeder Klassifikation entzieht, erkundet Monteverdi mit Feingefühl und Geist das Konzept des „genere concitato“. Der Feind, der bekämpft werden muss, bevor er den totalen Sieg erringt, ist der Gott der Liebe, der mit seinen tödlichen Pfeilen die Festung des Herzens bezwingt.
In den Madrigali Amorosi (Liebesmadrigals), dem zweiten Teil des Madrigalbuchs, verwendet Monteverdi weichere Klänge. „Altri canti di Marte“: Mit diesem von Gianbattista Marino verfassten Gedicht nimmt Monteverdi den Faden auf, den er im Eröffnungssonett des ersten Teils von „Altri Canti d’Amor“ verwendet hatte. Zwar wird eine Schlacht beschrieben, doch sind jetzt zwei schöne Augen die Waffen und statt Blutströmen fließen nun bittere Tränen.
In einer nahezu identischen Komposition, in der allerdings die Bassstreichinstrumente, die in der Hommage an den Kaiser verwendet wurden, fehlen, zeigt Monteverdi, wie die Liebe den Tumult des Krieges beruhigt und ihn in einen Liebesgesang verwandelt.
Das Werk Monteverdis, das den größten Einfluss auf seine Nachfolger hatte, obwohl keiner von ihnen eine vergleichbare emotionale Intensität erreicht hat, gehört zu den „Madrigali Amorosi“ und zu den figurativen Stücken, welche die Arien wie kleine Episoden durchsetzen und die Monteverdi im Titel seines achten Madrigalbuchs „Opuscoli in genere rappresentativo che saranno per brevi episodi fra i canti senza gesto“ erwähnt hat.
Für diesen „Lamento della Ninfa“, in dem eine Nymphe, begleitet von einem Trio männlicher Stimmen, den Tod ihres untreuen Geliebten beklagt, modelliert Monteverdi das Tempo entsprechend dem inneren Rhythmus des Leidens der Seele anstatt einen regelmäßigen Takt zu benutzen. Über einem Ostinato aus einem Bassquartett, das für Bach, Schubert und Mozart der wahre Ausdruck der Klage bleiben sollte, besingt die Nymphe ihre Trauer, umgeben von zwei Trios, welche ihre Geschichte erzählen.
In diesem Werk hat Monteverdi, der die Autorenschaft des „genere concitato“ für sich beansprucht hat, eine neue Form des musikalischen Ausdrucks im Reich der Emotionen gefunden. Er hat eine Beziehung zwischen Stimme und Instrumenten erschaffen, welche Komponisten auf eine lange Linie nobler Beispiele verweist: Musik als die wahre Sprache der Liebe.
SILKE LEOPOLD
Rückübersetzt aus dem Englischen von Heike Wessels
Übersetzung: Heike Wessels
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